Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Internationalisierung? Diese grundsätzliche Frage ergab sich in der Diskussion mit Düsseldorfer Scale-ups und Akteuren aus dem Start-up Ökosystem bei unserer Veranstaltung „Scale-up City Düsseldorf: Reaching out for Europe“ am 06.05 im Rahmen der Düsseldorfer Europawoche.

Los ging das Online-Event mit der Paneldiskussion „Düsseldorf: Sprungbrett für die Internationalisierung von Scale-ups“: moderiert von Theresa Winkels (Vorsitzende des Aufsichtsrates digihub und Amtsleiterin der Wirtschaftsförderung). Sie sprach mit Ralf Schlindwein (IHK Düsseldorf), Dr. Benedikt Quarch (RightNow), Bianca Glang (Regional Development Agency Utrecht) und David Stephenson (MWIDE) über Unterstützungsmöglichkeiten bei der Internationalisierung von Scale-ups.

 

Investoren als Türöffner

Dr. Benedikt Quarch berichtete von seinen Erfahrungen bei der Internationalisierung seines Unternehmens RightNow. Der erste Schritt war die Erkenntnis, dass sich das Geschäftsmodell relativ leicht auf andere Länder übertragen lässt. Dann galt es unterschiedliche Hürden zu überwinden, die vor allem praktische Fragestellungen betrafen.

Der Start in Frankreich war wie ein Sprung ins kalte Wasser: neben der Sprache waren vor allem das Rechtssystem und die Verwaltung große Herausforderungen. Das mussten wir erst nach und nach lernen.“

Dr. Benedikt Quarch, Co-Founder & Managing Director, RightNow

RightNow erhielt insbesondere aus dem persönlichen Netzwerk viel Unterstützung. Auch die Investoren spielten eine wichtige Rolle bei der Internationalisierung und halfen mit wichtigen Kontakten in den Zielländern.

 

Förderprogramme und Experten

Ralf Schlindwein erläuterte, wie die IHK Scale-ups mit Ansiedlungsbegleitung, Vernetzung mit etablierten Unternehmen und Investoren sowie Beantwortung praktischer Fragen bei der Internationalisierung im Zielland unterstützt.

Als IHK verfügen wir über ein großes Netzwerk zu spannenden mittelständischen und großen Unternehmen, die Interesse an Start-up Kooperationen haben.“

Ralf Schlindwein, IHK Düsseldorf

 

Das MWIDE zielt darauf ab, mit geeigneten Förderprogrammen oder Ausschreibungen Weichenstellungen vorzunehmen, um damit die Entwicklung und Ansiedlung von Start-ups bzw. Scale-up in NRW und das Softlanding in europäischen Zielmärkten zu unterstützen. Jungen Gründern empfiehlt David Stephenson:

Besucht Leuchtturmevents und knüpft Kontakte zu Investoren.“

Er betonte dabei insbesondere die wichtige Rolle der NRW.Bank und der IHK Düsseldorf, die mit ihren Angeboten für Start-ups und Scale-ups wichtige Hilfestellungen bieten.

Marathon vs. Sprinter

Beim Eintritt in ausländische Märkte spielen Kulturunterschiede eine große Rolle – und die sind manchmal größer als man denkt.

Deutschland und die Niederlande sind kulturell zu 90% ähnlich. Aber die anderen 10% sind entscheidend, ob die Zusammenarbeit funktioniert oder nicht.“

Sagt Bianca Glang.

Bianca Glang berichtete von der Start-up Förderung in den Niederlanden, die vor allem mit Informationen und Kontakten zu Unternehmen und Branchenexperten ausländische Start-ups bei der Ansiedlung unterstützt.

Sie beschrieb die kulturellen Unterschiede und stellte die Deutschen als Marathonläufer dar, während die Niederländer ihrer Meinung nach im Businesskontext eher zu den Sprintern zählt. Das zeigt sich auch beim schnellen Markteintritt. Holland gilt als ein „Living Lab“, in dem Produkttest und Interviews eine wichtige und gern gesehene Vorgehensweise sind. Zum Schluss hatte sie noch einen einfachen Tipp:

Kaffee trinken und gutes Englisch sprechen – damit kommt man in Holland gut an.“

Gründer lieben ihre Heimat

Nach der ersten Paneldiskussion sorgte Lukas Pünder mit seiner Best Practice Präsentation für Abwechslung. Lukas Pünder ist Gründer des retraced/der retraced GmbH, das/die Unternehmen auf dem Weg zu mehr Lieferkettentransparenz und -nachhaltigkeit unterstützt.

Der Unternehmensstandort von retraced ist Düsseldorf, aber warum? Zum einen ist die Landeshauptstadt die Heimat der Gründer. Zum anderen bietet das Rheinland weitere Standortvorteile wie z.B.

  • Großer Markt mit wichtigen Playern (u.a. Gallery FASHION, Oracle, Henkel)
  • Einwohnerdichte in NRW
  • Gute Infrastruktur
  • Unterstützungsangebote für Start-ups (NRW.Bank, Gründerstipendium)

Peter Hornik (digihub) moderierte das zweite Panel „Düsseldorf: Softlanding Pad für europäische Scale-ups“ mit Annette Klerks (Wirtschaftsförderung Düsseldorf), Katarzyna Sokolowska (NRW.Global Poland), Tobias Schlotter (Akeneo) und Martin Gramling (Business France).

Infrastruktur, Kultur und Business sind in Düsseldorf top

Tobias Schlotter ist seit 2015 für den Aufbau des DACH-Marktes für akeneo zuständig. Das französische Unternehmen hatte sich aufgrund von drei Kriterien bewusst für den Standort Düsseldorf entschieden:

  • Geografische Lage im DACH-Raum / Nähe zum Headquarter in Nantes, Frankreich
  • Gute Verbindung zwischen der Stadt und dem Flughafen
  • Kulturelle Attraktivität Düsseldorfs
Wir sind in Düsseldorf sehr zufrieden. Einen Wunsch haben wir allerdings: mehr Lademöglichkeiten für unsere Elektroauto-Flotte.“

Tobias Schlotter, akeneo.

 

Wir sollten uns stärker als Region vermarkten

Annette Klerks (Wirtschaftsförderung Düsseldorf) berichtete, wie sie und ihr Team internationale Scale-ups bei der Ansiedlung in Düsseldorf unterstützten. Die Wirtschaftsförderung Düsseldorf tritt dabei als Dienstleister auf, der vor allem bei praktischen Herausforderungen wie z.B. der Suche nach Büroflächen oder Mitarbeitern Hilfe bietet.

Düsseldorf ist eine praktische Stadt, die mit einem engen Netzwerk und kurzen Wegen viele Vorteile bietet.

Annette Klerks fordert aber

Wir dürfen uns nicht nur als Stadt vermarkten, sondern müssen die Sichtbarkeit unserer gesamten Region erhöhen.“

 

Deutschland ist mehr als Berlin und Oktoberfest

Katarzyna Sokolowska (NRW.Global Poland) präsentiert die Ausgangsbasis und die Zielsetzung polnischer Start-ups bei der Internationalisierung. Dabei hebt sie insbesondere die Schwerpunkt-Themen Big Data, IoT, Analytics und FinTech hervor, für die der Fokus auf B2B-Kontakten zu großen Unternehmen liegt. Positiv bewertet sie die Einstellung der jungen Unternehmer, die immer mutiger werden, aber auch die Aufgeschlossenheit der Konzerne gegenüber Innovationen.

Düsseldorf ist als Markt aufgrund der Industriedichte und des vorhandenen Kapitals für polnische Start-ups interessant.“

Katarzyna Sokolowska, NRW.Global Poland

Aus Düsseldorf ganz Deutschland im Blick

Martin Gramling leitet von Düsseldorf aus die Abteilung Tech und Services bei Business France, der Wirtschafts- und Handelsabteilung der französischen Botschaft in Deutschland. 40 Mitarbeiter unterstützen in 4 Kompetenzzentren, die Start-ups beim Markteintritt:

  • Beratung Marktzugang (hinsichtlich kultureller Unterschiede, Hauptakteure)
  • Individuelles Matchmaking
  • Kommunikation (inhouse Pressebüro)
  • HR-Programm (Unterstützung bei der Einstellung junger Europäer)

Im Anschluss diskutierten die Teilnehmer die Themen der Paneldiskussionen in zwei parallelen Workshops.

Im Workshop zum Thema „Incoming“ wurde mit den Veranstaltungsteilnehmern darüber gesprochen, warum im Ausland Berlin und München als DIE Start-up Hotspots wahrgenommen werden und was Düsseldorf und der Region Rhein/Ruhr fehlt. Die Teilnehmer in diesem Workshop machten deutlich, dass die Region eigentlich viel zu bieten hat, aber dass die bestehenden Vorteile nicht ausreichend vermarktet werden. Die anwesenden Scale-ups bestätigten, dass die Unternehmens- und Bevölkerungsdichte in der Region, die Lage im DACH-Raum sowie Strukturen vor Ort Vorteile darstellen, die andere Hotspots so nicht bieten können. Allerdings wird NRW aus dem Ausland eher als Ganzes gesehen, sodass es hilfreich wäre, eine ganze Region gemeinsam zu vermarkten anstatt jeweils einzelne Städte.

Im „Outgoing“-Workshop diskutierten die Teilnehmer über die aktuellen Herausforderungen für Scale-ups bei der Internationalisierung. Es wurde deutlich, dass viele Scale-ups praktische Fragen z.B. zum Steuer- oder Unternehmensrecht haben und häufig nicht wissen, an wen sie sich wenden können. Hier wäre ein bessere Sichtbarkeit der Ansprechpartner und Bündelung der Informationen sinnvoll.

 

Und wann ist jetzt der richtige Zeitpunkt zur Internationalisierung? Das muss jedes Start-up selbst entscheiden. Es stehen aber eine Vielzahl an Akteuren mit Tipps und Tricks bereit, um zu beraten und zu unterstützen.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Teilnehmern für den spannenden Austausch und die vielen guten Ideen!

Welche Erfahrungen habt ihr bei der Internationalisierung gemacht? Welche Unterstützung hättet ihr euch gewünscht bzw. wünscht ihr euch?

Schreibt uns gerne eine Nachricht und erzählt uns davon!

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